Freitag, 4. November 2011

Freitag 4/11/11

***Freitag***
Freitag ist für mich immer schon der Tag der Woche gewesen, an dem ich mich auf das bevorstehende Wochenende freute. Und seitdem ich studiere ist Freitag der Tag der Woche, an dem ich möglichst wenig Unterricht haben will. Oder am Besten gar keinen. Wie mir geht es übrigens den meisten Studenten.
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Freitag ist auch traditionell der Tag, an dem am Bahnhof am meisten los ist. Alle wollen nach Hause oder in den Urlaub fahren, zurück zu ihren Lieben oder eben möglichst weit weg von ihnen. Für mich als Pendler, ja ich gehöre zu den Irren, bedeutet es, dass ich von mehr Menschen umgeben bin als mir lieb ist.
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Hierzu sollte ich vielleicht etwas mehr auf mein Verhältnis mit der Bahn eingehen. Ich studiere seit geraumer Zeit und bis zum heutigen Zeitpunkt pendle ich. Ich habe zwar eine zeitlang ernsthaft in Betracht gezogen umzuziehen, aber nach einem gescheiterten Versuch  des Alleinelebens in einer anderen Stadt zog ich erst einmal zurück zu meinen Eltern.Seitdem pendle ich fast jeden Tag.
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Pendeln gehört meiner Meinung nach zu den Dingen, an die man sich nie gewöhnen wird. Vor allem deshalb, weil man sich meiner Erfahrung nach nicht auf die Bahn verlassen kann. Ist man selbst pünktlich, hat der Zug Verspätung. Hat man selbst Verspätung ist der Zug überpünktlich. Ein Teufelskreis.
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Ich selbst fahre so oft wie möglich mit IC oder EC. Erstens sind die schneller und zweitens haben sie ungeahnte Vorteile gegenüber Regionalbahnen: es gibt Steckdosen für Notebooks und außerdem gibt es einen "Verhaltenskodex". In IC und EC wird nicht oder zumindest fast nicht geredet!Wer mir nicht glaubt soll das nächste Mal einen IC oder EC nehmen! So eine Stille findet man sonst nur auf Friedhöfen.
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Im IC und EC herrscht normalerweise eine himmlische Ruhe. Vor allem morgens und abends kann man schonmal einnicken, so friedlich geht es dort zu. Man bekommt fast immer einen Sitzplatz, kann das Laptop einstecken und hat auf manchen Strecken sogar W-Lan. Die Sitze haben ihre besten Tage zwar meistens schon hinter sich, aber dafür sind sie schön weich. Und wenn man sich mal an seiner Umgebung satt gesehen hat, gibt es immer noch das hauseigene Magazin der Bahn.
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Etwas anders siehst es da schon in der Regionalbahn aus. Ich schreibe ganz bewusst Regionalbahn und nicht Regiobahn bzw. -express. Denn meiner Meinung nach ist der "Express" in den seltensten Fällen einer. In der Regionalbahn geht es etwas anders zu als in einem IC oder EC. Zu den Stoßzeiten, morgens und am späten Nachmittag, kann man froh sein, wenn man überhaupt einen Sitzplatz bekommt. Und dieser Sitzplatz wird auch nicht aufgegeben,höchstens wenn sich neben mir jemand niederlässt der nackt/betrunken/sehr, wirklich sehr überernährt ist. Dann, und auch nur dann, gebe ich meinen Sitzplatz auf.
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Ich habe bei Regionalbahnen sehr häufig das Gefühl, dass zu den bereits genannten Hauptverkehrszeiten besonders gerne kurze Züge genutzt werden, während längere Züge auschließlilch dann zum Einsatz kommen, wenn niemand da ist, der sie benutzen könnte, besonders spätnachts oder am Vormittag.
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Des weiteren kann man sich in besagten Zügen zu 100% sicher sein, dass man ganz sicherlich NICHT seinen Ruhe haben wird. Man hat entweder eine Gruppe Rentner auf Tagsausflug in Hörweite, die sich über
-ihre Kinder/Enkel/Partner/Nachbarn...
-das Wetter/die Landschaft...
-Ärzte sämtlicher Fachrichtungen und Behandlungsmethoden unterhalten

ODER

wenn man besonders viel Pech hat, denn die "Alten" kann man mithilfe von MP3-Playern noch relativ gut ausblenden,hat man in seiner Nähe eine Gruppe "Gansterrapper" bzw. eine "Girlie-Clique" sitzen.
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Wenn man denkt Gespräche über Gebissprotesen und Katheter sind schlimm, dann hören sie sich mal eine Stunde lang deren Gespräche an. Da wird der größte Heide wieder gläubig und betet still und heimlich:"Bitte lieber Gott, wenn es dich gibt, lass sie bei der nächsten Haltestelle aussteigen!Oder wenn das zu viel verlangt ist, dann wenigstens für den Rest der Fahrzeit verstummen!"
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Denn war "früher" der Satzbau Subjekt+Verb+Objekt, so ist er heute im Gansterjargon 
"Ey, Alter,...+f*** dich+...!!!" um es einmal etwas drastisch darzustellen. Würde man ein solches Gespräch zur Prime Time senden, müsste man selbst im aufgeschlossenen Deutschland so manchen Teil mit Piepstönen untermalen.
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Hat man das "Glück" neben einer Girlie-Clique zu sitzen wünscht man sich bereits nach wenigen Minuten Ohrenstöpsel. Hatte man bisher nichts Böses geahnt, schließlich sind es ja Mädchen, das schwache Geschlecht, so wird man innerhalb kürzester Zeit eines Besseren belehrt. Sie sehen im ersten Moment harmlos aus, doch der erste Eindruck täuscht.Bereits nach zehn Minuten werden sie den gesamten Freundeskreis der Girlies kennen, inklusive einem "Wer-trifft-sich-mit-wem"-Überblick. Da kommt einem die eigene Jugend schnell einmal wie ein Auszug aus einem Ratgeber zur Enthaltsamkeit vor. Und spätestens wenn nach gefühlten Stunden endlich jemand aussteigt, entweder man selbst oder die Girlies, denkt man sich:"So schlimm war ich eigenltich gar nicht in der Pubertät." Allerdings hat sich das Thema "eigene Kinder" dann auch erstmal erledigt.
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Zum besonderen Hightlight wird eine Bahnfahrt allerdings erst zur Ferienzeit. Möchte man beim Festessen an Weihnachten selbst einmal die beste Geschichte am Tisch erzählen, empfiehlt sich eine vorangegange Bahnfahrt auf einer möglichst stark frequentierten Strecke, beispielsweise München-Stuttgart. Dann braucht man nur noch einen Fahrschein für einen IC oder EC und die Ausdauer bzw. den Mut, sich am frühen bis späten Nachmittag in einen dieser Züge zu begeben. Man erlebt hierbei Dinge, die hätte man sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen ausgemalt.
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Die Vielfahrer unter den Reisenden wird man hierbei, je nach Wagenreihung, an den Enden des Zuges finden. Denn diese sind bereits an den Feiertagsaufmarsch der Heimreisenden gewohnt und wissen: die sind zu faul um bis ans Ende zu laufen! So laufen sie selber an die Enden und bekommen noch einen Sitzplatz. Dieser befindet sich zwar auf dem Fußboden zwischen Rucksackreisenden und Fahrrädern,aber Sitzplatz bleibt Sitzplatz! Und wer einmal sitzt, der bleibt sitzen bis er am Zielort angekommen ist. Da kann der Sitzplatz noch so unbequem sein.
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Diejenigen, die nur selten mit der Bahn fahren, haben hier ganz klar das Nachsehen. Wer selten fährt, steigt da ein, wo die meisten aussteigen. Nur machen das zur Ferienzeit alle so. Das führt dazu, dass in der Mitte des Zuges Menschen  zwischen Koffern und Kinderwägen stehen, während am Ende des Zuges unter Umständen noch Sitzplätze frei wären. Nach wenigen Minuten bereut man es, dass man nicht die zusätzlichen 2€ für eine Sitzplatzreservierung ausgegeben hat. Und spätestens wenn man keinen Schaffner findet, bei dem man sich lauthals beschweren kann und der einem wenigstens das Ticket entwertet, verflucht man die öffentlichen Verkehrsmittel und schwört sich:"Das nächste Mal nehmen wir das Auto!"

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